Der Ankauf von Steuer-CDs am Beispiel Hamburg

Politik

Der erneute Ankauf von CDs mit Daten von mutmaßlichen Steuerhinterziehern durch die Landesregierung von NRW hat die Diskussion erneut angeheizt. Ist es in Ordnung, mit Steuergeldern Daten aufzukaufen die aus grauen Kanälen kommen, um damit für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen? Ist es ein parteipolitischer Affront, dass ein SPD-regiertes Land diesen Ankauf durchzieht, obwohl die CDU-geführte Bundesregierung gerade mit der Schweiz ein Steuerabkommen verhandelt? Was bedeutet der Ankauf der CDs eigentlich für Hamburg?

Mein Kollege Matthias Albrecht hat eine schriftliche Anfrage an den Senat gestellt, welche Erlöse die Stadt aus dem Rückkauf von Steuer-CDs erzielt hat. Die Zahlen sprechen ein klare Sprache. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in der Vergangenheit selbst keine Daten-CDs gekauft, sich aber im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung an den Kosten des Ankaufs anderer Länder finanziell an insgesamt fünf CD-Käufen beteiligt. Für den Ankauf dieser CDs wurden insgesamt 12.416.332,45 Euro aufgewandt. Hamburg hat sich daran mit insgesamt 157.852,53 Euro beteiligt. Im Zeitraum von Anfang 2010 bis zum 24. Juli 2012 sind in Hamburg 879 Selbstanzeigen erstattet worden, die in Zusammenhang mit den CD-Ankäufen gebracht werden können. Im Zuge dieser Selbstanzeigen sind 334.924.000 Euro als Kapitalerträge nacherklärt worden. Im Haushalt 2011/2012 sind im Einzelplan 9.2 auf der Basis Steuerschätzung November 2010 insgesamt Mehreinnahmen von 60 Millionen Euro bei der Einkommensteuer eingeflossen. Das entspricht einer Rendite von 380 Prozent. Der Kauf ist in jedem Fall also ein einträgliches Geschäft.
Jetzt mal zu den oben genannten Argumenten. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Die Aufklärung dieser Straftat dient auf jeden Fall der Steuergerechtigkeit. Wer in Deutschland reich geworden ist, hat dies sicherlich in vielen Fällen seinem unternehmerischen Erfolg zu verdanken. Aber eben auch den günstigen Rahmenbedingungen, die hier herrschen und deswegen ist es nur legitim, dass die Gesellschaft davon etwas abbekommt.
Zur Aufklärung von Straftaten bedient sich der Staat auch in anderen Bereichen mit Informationen von Informanten. Selbst im Bereich schwerster Straftaten gibt es zur Aufklärung die Kronzeugenregelung. Um das Ziel der größeren Steuergerechtigkeit zu erreichen, wurde die sog. Selbstanzeige eingeführt. Die Leute sollen ja nicht in den Knast wandern, sondern ihre Steuern bezahlen und dafür wird die Strafe sogar abgemildert.
Das Argument der Parteipolitik ist auch nur ein billiger Ablenkungsversuch. An dem Ankauf der CDs haben sich immer auch unionsgeführte Länder beteiligt und diesmal ist auch wieder Bayern dabei. Die Bundesländer haben einfach ein anderes Interesse, als die Bundesregierung. Das hat mit der Farbe des Parteibuchs nichts zu tun. Dass der Ankauf die Verhandlungen stören mag, kann sein. Aber irgendwie kommen die Verhandlungen auch nicht zum Ergebnis und die Bundesregierung verfolgt diese auch nur recht halbherzig.
Solange solche Steuerschlupflöcher nicht geschlossen werden und es Banken gibt, die augenscheinlich die Steuerhinterziehung zum Geschäftsmodell erklärt haben, sollte der Staat auch die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung der Steuerhinterziehung nutzen.
[Anfrage Erlöse aus dem Rückkauf von Steuer-CDs]

5 Gedanken zu „Der Ankauf von Steuer-CDs am Beispiel Hamburg“

  1. Achso. Legal, illegal, scheißegal, Hauptsache, es loht sich pekuniär. Daß damit andersowo Anstiftung zu Straftaten betrieben wird und sich auch die unmittelbar ankaufenden Beamten strafbar machen…hmm. Aber wir sind ja die Guten und dürfen das allein schon deshalb.

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  2. Das sich zueigen machen von widerrechtlich erlangten Datenmaterial (Datenschutz) ist also legitim, wenn damit ein Profit (Ausgaben vs. Einnahmen) von 380% gemacht werden kann?
    Mit dieser Legitimations-Argumentation würde ich gern mal einen Bankräuber verteidigt sehen:
    „Hohes Gericht, sehr geehrter Herr Staatsanwalt
    mit einer Gesamtinvestition von 20 Euro (Schusswaffenattrappe für 10€ sowie eine Sturmhaube für weitere 10€) konnte mein Mandant einen Ertrag von mehreren 100€ erwirtschaften. Bei dieser Effektivität KÖNNEN Sie die Legalität des Handels meines Mandanten doch gar nicht anzweifeln“
    Bei Ihrer Argumentation, dass Steuerhinterziehung eine Straftat ist, stehe ich völlig hinter ihnen. Dennoch DARF es auch dem Staat nicht erlaubt sein, eine Straftat mit einer anderen zu beantworten.
    Aber wenn es um Geld für Staat und Unternehmen geht, scheinen in unserem Lande jegliches rechtlichen und moralisch-ethischen Hürden gefallen zu sein.
    WIDERLICH!
    PS: Ich habe (zumindest bewusst) niemals Steuern hinterzogen. Aber ich frage mich in solchen Momenten, ob ich mich noch an die Gesetze halten muss, die von offiziellen Stellen unseres Staates derart ignoriert werden.

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  3. Hallo Herr Schmidt,
    wir sind uns sicherlich einig, dass der Verkäufer der CDs die Daten widerrechtlich erhalten hat – oder? Wenn Sie sich die Argumentation Ziegerts zu eigen machen, werden Sie sicher auch für das freie Kopieren von Musik und Videodateien sein, schliesslich erklärt er – in dem von ihnen zitierten Artikel:
    „Es geht schon damit los, dass man Daten gar nicht stehlen kann, wie man ein Brötchen stiehlt oder ein Auto.“
    Es geht (mir) auch nicht um den Straftatbestand des Diebstahl (da bin ich mit Ziegert einig), sondern – wie aufgeführt – um den Verstoß gegen Datenschutzgesetze. Aber verteidigen Sie gern (auch wenn ich diese/ihre Argumentation eher bei der CDU, denn bei der SPD erwartet hätte) das indirekte Verleiten zu Straftaten: Wo kein Käufer da auch kein Markt. Ziegert bewertet in dem Focus-Artikel (wenn ich es richtig entsinne) den Ankauf der ersten CD, mittlerweile dürften so einige (skrupellose und geldgierige) schweizer Bankbeschäftigte auf ihre Chance warten, durch die Behörden der Bundesrepublik zu Millionären zu werden. Die Unterstützung solch Verhaltens – ohne über moralische Konsequenzen nachzudenken – macht Menschen wie Sie für mich leider unwählbar.
    Und ja, ich gebe zu, dass ich ein Anhänger des kategorischen Imperativs bin.

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