Acta – das Anti Counterfeiting Trade Agreement – wurde heute von den Abgeordneten (478 zu 39 Stimmen) des Europaparlaments in Straßburg abgelehnt. Mit der heutigen Abstimmung vollzogen die Europaparlamentarier nur noch formal das, was sich zuvor abzeichnete. Denn zuvor hatten bereits fünf Ausschüsse des Parlaments dem Plenum die Ablehnung empfohlen.
Die Ablehnung im EP geht auf die Initiative der Sozialdemokraten zurück. Bereits im April hatten Hannes Swoboda, Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, und der für ACTA zuständige Berichterstatter, David Martin, dafür plädiert, das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen zurückzuweisen.
Nach der gescheiterten EU-Softwarepatenrichtlinie im Jahr 2005 ist es erneut gelungen, ein netzpolitisches Thema in einer konzertierten Aktion innerhalb und außerhalb des Parlaments zu drehen. Diesmal war der Protest aber breiter. Ein Zeichen dafür, dass Internetthemen keine Randerscheinung mehr sind.
Nach massiven Protesten auf der Straße, in den Ländern und von vielen NGOs war der Gegenwind sehr groß. Insbesondere die großen Demonstrationen im Winter diesen Jahres haben viel zu dem heutigen Abstimmungsergebnis beigetragen. Erstmals gab es an einem Tag in ganz Europa über das Internet organisierte Protestbewegungen auf den Straßen. Kreativ und friedlich wurde der Protest lauthals vorgetragen. Ich war selbst auf zwei Demonstrationen in Hamburg dabei und war insbesondere im Februar überrascht, wie viele junge Menschen aus den unterschiedlichsten Stadtteilen und Schichten bei zweistelligen Minusgraden vom Gänsemarkt bis zum Hauptbahnhof gezogen sind. Denen ging es nicht, wie oftmals von bestimmten Kreisen kolportiert wird, um „Kostenloskultur“ oder „Freibier für alle“, sondern um die Sorge um den Eingriff in persönliche Freiheitsrechte durch ein intransparentes und wenig zukunftsweisendes Abkommen.
Ich hatte bereits im Februar für meine Fraktion deutlich gemacht, warum wir in ACTA so viele Probleme sehen und hatte auch auf der Diskussion bei den JUSOS im Mai die Kritik erneuert. ACTA ist rückwärtsgewand und selbst die Urheber (die man ja eigentlich schützen möchte), kommen in den Abkommen zu kurz. Die Belange von Kultur und Wissenschaft sind insgesamt nicht ausreichend berücksichtigt gewesen und es bestand die Gefahr, dass grundlegende Bürgerrechte mit ACTA ausgehebelt werden könnten.
Es ist gut, dass ACTA heute abgelehnt wurde. Es ist wichtig, dass nun eine offene und von gegenseitigem Respekt getragene Diskussion über die Zukunft des Urheberrechts folgt. Es macht keinen Sinn, die Gräben hier weiter zu vertiefen.
Der heutige Tag hat aber auch gezeigt, dass es eine breite europäische Öffentlichkeit gibt. Wir brauchen keine Angst vor mehr Europa haben!