Anscheinend wollen CDU/CSU und FDP nun mit dem bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten „Leistungsschutzrecht“ Ernst machen. Der gestrige Koalitionsausschuss hat vereinbart: „Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen“.
Die Schutzdauer soll ein Jahr betragen. Einzug und Verteilung der Entgelte soll über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Also jedes mal, wenn ein Surfer eine Seite wie Google News aufruft, soll ein Centbetrag an eine Bürokratie fließen, die dann (sicherlich nach Abzug von Verwaltungskosten) nach einem auszuhandelnden Schlüssel das Geld weiterverteilt.
Da wird seit zwei Jahren in der Enquete Kommission „Digitales Leben und Arbeiten“ über ein modernes Urheberrecht und die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung diskutiert, da gehen Tausende gegen ACTA auf die Straße und da diskutieren nicht nur Hinterbänkler von CDU, CSU und FDP auf Politcamps, im Fernsehen und auf allerhand Podien und behaupten, sie hätten „das Netz“ langsam verstanden und dann kommt am Ende eine solche Vereinbarung heraus? Ein Trauerspiel!
Diese Koalition ist nicht in der Lage aufzuzeigen, wie sie die Medienvielfalt in Deutschland erhalten will (Stichwort Pressegrosso und Medienfusionsrecht). Sie ist nicht in der Lage aufzuzeigen, wie sie das Urheberrecht modernisieren will und wie der Qualitätsjournalismus gestärkt werden kann. Sie liefert mit dem Leistungsschutzrecht keine Antwort darauf, wie Journalisten in einer immer stärker digitalisierten Arbeitswelt angemessene Einkommen erzielen können und sie verhindert weiterhin Innovationen auf den digitalen Märkten. Stattdessen werden die Gräben zwischen der Offline-Verlagswelt und der Online-(Medien)gesellschaft vertieft. Die Regierung hat aus der Debatte um ACTA und Co nichts gelernt und versucht ein Problem zu beheben, dass sich die Verlage selbst geschaffen haben.
Mit dem Schutz des Urheberrechts hat das Leistungsschutzrecht nur am Rande zu tun. Natürlich ist es ein Problem, wenn Presseerzeugnisse unautorisiert durch Dritte in gewerblichen Umfang verwendet werden. Das Leistungsschutzrecht soll aber nicht die Inhalte selbst schützen, sondern die Investitionen in Organisation, Vermarktung und Vertrieb. Damit kollidiert es mit dem Urheberrecht der Autoren und kann deren Position eigentlich nur schwächen. Zusätzlich besteht die Gefahr , dass ein Leistungsschutzrecht die im Grundgesetz zugesicherte Informationsfreiheit gefährdet. Nämlich spätestens dann, wenn über den Umweg des Leistungsschutzrechtes Nachrichten zu einer rechtlich schützbaren Ware werden.
Das Leistungsschutzrecht ist ein fragwürdiges Instrument und die Bundesregierung muss sich zu Recht den Lobbyismusvorwurf gefallen lassen, wenn sie keine Antwort darauf liefert, wen sie eigentlich wie damit schützen will.