Onlinesucht: Aufklärung und Medienkompetenz ist gefordert

Politik

Einer aktuellen Studie der Universität Lübeck zur Folge soll es in Deutschland rund 500.000 Menschen geben die unter Onlinesucht leiden, insbesondere jüngere Menschen. Im Verhältnis zu der Gesamtnutzerzahl der deutschen Internetuser währen dies also etwa 1 Prozent. Damit bewegt sich die Zahl der Betroffenen im Mittelfeld der Suchtkrankheiten.
Die Studie liefert erstmals repräsentative Daten und das Thema muss weiter beobachtet werden. Die Untersuchung darf jedoch nicht dazu genutzt werden, das Internet zu verteufeln oder Nutzer zu stigmatisieren. Angesichts der zahlreichen alarmistischen Medienberichte sehe ich die große Gefahr, dass Eltern verunsichert werden, auch wenn sich ihre Kinder im sinnvollen Rahmen mit dem Internet beschäftigen.

Internetsucht zu definieren und damit ein neues Krankheitsbild zu schaffen, halte ich für sehr schwierig. Die Nutzung von Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten gehört längst unverzichtbar zum Alltag der überwältigenden Mehrheit der Menschen in unserem Land. On- oder Offline als Kriterium reicht nicht aus. Wenn ich Musik über ein Webradio höre oder einen längeren Artikel über z. B. Onlinesucht im Netz lese, ist das dann Internetzeit oder Medienkonsum? Wenn sich jemand in den sozialen Netzwerken mit anderen Nutzern unterhält, ist das dann die Pflege sozialer Kontakte oder Realitätsflucht? Natürlich kann man alles übertreiben. Online wie Offline.
Es sind meist die bekannten Suchtphänomene oder alte Suchtformen wie Spielsucht oder Kaufsucht, die ein konkretes Suchtverhalten beschreiben. Das Internet ist hier ein möglicher Zugang zum Suchtverhalten, aber nicht die Sucht selbst. Insofern ist es richtig, der Studie weitere Untersuchungen folgen zu lassen. Es sollte hier insbesondere untersucht werden, ob es sich hierbei wirklich um ein neues Phänomen handelt, oder nicht vielmehr die Übertragung bekannter Probleme in die digitale Welt. In der Studie selbst ist zu lesen, dass eine wissenschaftliche Diskussionen zu den Ergebnissen noch ausstehe.
Der völlig falsche Umgang mit der Studie wäre jetzt das Internet zu verteufeln. Vielmehr ist Bildungsarbeit gefragt. Es geht um den verantwortungsvollen, sicheren und kritischen Umgang mit Daten, Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten in der digitalen Medienwelt. Neben dem Erkennen der Chancen gehört dazu auch, die Nutzerinnen und Nutzer gegen ihre negativen Seiten zu wappnen. Wir brauchen mehr Medienkompetenz vor allem von Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern. Dies ist das genaue Gegenteil einer Verdammung des Internets. Den von welcher Form der Sucht auch immer Betroffenen gilt es, differenzierte Ansätze zur Hilfestellung zu geben.

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