Der bei Datenschützern ungeliebte Like-Button von Facebook

Politik

Das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein ist der Auffassung, dass der „Gefällt mir“-Button von Facebook gegen das Telemediengesetz (TMG) und gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bzw. das Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein (LDSG SH) verstößt und fordert alle Stellen auf, den Button von den Webseiten zu entfernen und nennt schon mal die mögliche Bußgeldsumme von bis zu 50.000 Euro. Problematisch sei die Datenweitergabe von Verkehrs- und Inhaltsdaten in die USA und eine qualifizierte Rückmeldung an den Betreiber hinsichtlich der Nutzung des Angebots, die sog. Reichweitenanalyse. Diese Forderung hat natürlich eine große Brisanz und wird nun breit diskutiert. Eine erste Reaktion von der Staatskanzlei Schleswig-Holstein kam prompt. Man prüfe nun die Rechtsauffassung und wird mit dem Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein sprechen, denn der Button wird auf vielen staatlichen Seiten eingesetzt.

Dass Datenschützer mit Facebook ein Problem haben, ist schon länger bekannt. Kürzlich erst hat der Hamburgische Datenschutzbeauftrage Prof. Caspar die automatische Gesichtserkennung von Facebook für seiner Meinung nach Rechtswidrig erklärt. Verbraucherschutzministerin Aigner ist mit einigem Brimbamborium bei Facebook „ausgetreten“. Die Datenschützer müssen sich wie Don Quichotte vorkommen, denn bisher gibt es kaum Anzeichen dafür, dass sich die Nutzer in Scharen von Facebook abwenden würden.
Die Aufregung in der Netzgemeinde ist groß, viele sehen in der Haltung des ULD eine nicht mehr zeitgemäße Haltung und in Amerika wird wieder einmal von der „German Angst“ gesprochen. Ob die Auffassung des ULD korrekt ist, wird sich zeigen. Die einseitige Kritik am ULD springt zu kurz. Facebook trägt an der Situation eine ordentliche Portion Mitschuld. Wirklich transparent war das Auftreten von Facebook nie. Immer wieder werden Grenzen überschritten, um dann nach Kritik wieder zurück zu rudern. Von einem Unternehmen mit dieser Bedeutung kann und muss man mehr erwarten. Wer soziale Profile von über einer halben Milliarde auf seiner Plattform vereint, trägt eine Verantwortung, die über die einer kleinen Softwarebude an der Ecke hinaus geht.
Aber auch wenn das ULD auf Grundlage der geltenden Gesetze agiert und für deren Durchsetzung ist es nun mal verantwortlich, muss es sich meiner Meinung trotzdem auch der Kritik stellen. Denn ob die Inanspruchnahme der Webseitenbetreiber ein geeignetes Ziel ist, den Datenschutz durchzusetzen, halte ich für fragwürdig. Damit besteht die Gefahr, tausende von kleinen Firmen und Privatpersonen extrem empfindlich zu bestrafen. Ob eine Strafe überhaupt durchsetzbar ist, wird sich zeigen. Denn meinem technischen Verständnis nach bindet der Webseitenbetreiber lediglich einen kleinen Code in seine Webseite ein, die Datenverarbeitung findet an anderer Stelle statt.
Mir fehlt ein konstruktiver Vorschlag, wie die sinnvolle und von vielen Nutzern gern gesehene Funktionalität datenschutzkonform eingesetzt werden kann. Dass dies möglich ist, ist kein Geheimnis. Der Like-Button lässt sich Problemlos dementsprechend erstellen. Aufrufe zum Boykott eines Unternehmens von staatlichen Stellen halte ich aber gelinde gesagt für sehr fragwürdig. Der Hinweis, es gäbe Alternativen zu Facebook ist wirklichkeitsfremd. Ebenfalls über das Ziel hinaus schießt die Forderung des ULD, die Facebook-Seiten zu löschen. Die Staatskanzlei Schleswig-Holstein weist zu Recht daraufhin, dass diese Seiten ein Teil der Bürgerbeteiligung an demokratischen Prozessen sind. Viele Menschen erwarten schlichtweg, dass man hier vertreten ist.
Der gesamte Vorgang zeigt wieder einmal das Dilemma des Datenschutzes. Die technische Entwicklung und die Realität des Netzes ist der Gesetzgebung weit voraus. Fast jede Webseite bindet irgendwelche externe Daten ein. Jede Werbung, die von Dritten eingeblendet wird, funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip. Würde man dem ULD konsequent folgen, wäre beispielsweise die Nutzung des bei WordPress beliebten Akismet-Plugins zur Verhinderung von Spam-Kommentaren rechtswidrig. Der deutsche Datenschutz ist derzeit nicht in der Lage, auf diese Entwicklungen zu reagieren. Ich halte den Datenschutz für eine wichtige Errungenschaft. Was wir brauchen, ist eine breite gesellschaftliche und politische Debatte, wie wir den Datenschutz der neuen Realität anpassen können. Diese Diskussion hat auch eine europäische Dimension, denn die vom ULD angesprochene Problematik der Auslandsdatenspeicherung wäre selbst mit dem modernsten Datenschutzrecht nicht gelöst.

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