Vor der Wahl wurde viel gemunkelt wie die Piratenpartei wohl abschneiden würde. Aus dem Stand haben sie nun fast 2% geholt. In Großstäden zum Teil noch mehr. Bei den männlichen Erstwählern holten sie fast 13%. Auf der Veddel lag die Piratenpartei sogar vor der CDU, dafür dürften dort die Studierenden gesorgt haben. Das Abschneiden ist mehr als ein Achtungserfolg. Rund eine Millionen Wähler haben der etablierten Politik gezeigt, dass das Thema Netzpolitik als ein wichtiges Zukunftsthema angesehen wird. Deshalb wird es in der kommenden Legislaturperiode auch eine breitere Diskussion über netzpolitische Themen geben. Dies ist auch dringend notwendig! Bisher denkt in Berlin kaum jemand darüber nach, welche gesellschaftlichen Konsequenzen die stattfindende Transformation der Industriegesellschaft in eine Mediengesellschaft bedeutet.
Die SPD muss sich hier komplett neu aufstellen: eigenständige Positionen aufbauen und diese mit glaubwürdigem Personal verknüpfen. Die Diskussion lief hier bereits nach dem Zensursula-Desaster an und ist nachwievor im vollen Gange. Auf dem Bundesparteitag wird es auch die ersten Anträge, z. B. zum Thema Netzneutralität, geben. Als weiteren Schritt sehe ich die auch bei unserem Treffen in Hamburg diskutierte Gründung eines „Forums Netzpolitik“.
Interessant dürfte die Schwarz/Gelbe-Politik werden. Die FDP darf man daran messen, ob sie ihren Ankündigungen von mehr Bürgerrechten auch Taten folgen lassen wird. Ich denke, dass die FDP bei dem Netzsperrengesetz und den Überwachungsgesetzen wieder einknicken wird und insbesondere das Netzsperrengesetz nicht kippen wird. Im Laufe der Legislaturperiode wird aber in jedem Fall über die Evaluierung des Gesetzes gesprochen. Dann werden alle Parteien erneut Farbe bekennen müssen.
Ebenfalls werden wir Diskussionen rund um Internetsperrungen wie in Frankreich und in England bekommen. Dabei geht es darum, die Netzprovider zu zwingen, Wiederholungstätern, die illegal Musik u.a. aus dem Netz herunterladen, zeitweise den Zugang zum Internet zu sperren. Ob dies überhaupt verfassungskonform ist, darf bezweifelt werden. Aber das dachten viele ja auch bei anderen Gesetzesvorhaben…
Spannend dürfte die Entwicklung bei den Telekommunikationsunternehmen werden. Die weitere Konzentration in diesem Markt wird auch die Diskussion um die Netzneutralität weiter anheizen. Die FDP ist hier klar positioniert als Lobbyist der Großkonzerne und auf die Union setze ich hier wenig. Aus meiner Sicht muss die Netzneutralität unbedingt geschützt werden.
Ebenfalls wird es eine Diskussion um ein Leistungsschutzrecht geben. Jetzt da das Internet die Monopolstellungen der Zeitungen im Anzeigenmarkt vernichtet hat, ist der Druck der Verlage auf die Politik riesengroß. Ich weiß nicht, wie die Linkspartei dazu steht, aber aus allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien gibt es Initiativen hierzu. Die Diskussion hierzu wird aber auch das Thema „Kulturflatrate“ neu befeuern.
Ein kurzes Schlaglich auf einige Themen, da kommen sicherlich noch einige mehr. Warten wir mal ab, was bei den Koalitionsverhandlungen rauskommt.
1 Gedanke zu „Wie geht es weiter mit der Netzpolitik?“
Kommentare sind geschlossen.