Deutschland hat gewählt und das Ergebnis hat der deutschen Sozialdemokratie einen bitteren Tag beschert. Mit 23 % ist dies das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagwahl für die SPD. Damit geht ein Ära zu Ende.
Elf Jahre haben Sozialdemokraten unser Land regiert. Nach einer halben Ewigkeit Kohl’scher Behäbigkeit konnte Rot/Grün den Mehltau über unserem Land lichten und das Land modernisieren, offener Gestalten und wichtige Weichen für die Zukunft stellen. Selbst in der großen Koalition konnten sehr viele sozialdemokratische Positionen durchgesetzt werden. Leider konnte die SPD als Juniorpartner diese Erfolge nach aussen nicht richtig verkaufen.
Die Wahl hat gezeigt, dass es der SPD nicht gelungen ist, für die Wähler eine klare Alternative rüberzubringen. Ebenfalls fehlte eine klare Machtoption für Steinmeier. Angela Merkel schien als Kanzlerin praktisch unabwählbar, während Steinmeier durch selbsterklärte Koalitionsausschlüsse in der Zwickmühle saß. Deshalb wandten sich Wähler, die Merkel nicht als Kanzlerin sehen wollten, von der SPD ab. So wurde mitten in der Finanzkrise ein Lager gestärkt, dass den Verursachern der Krise vor einigen Monaten noch jeden Abend eine Kerze ins Fenster stellte und schon wieder zum „weiter so“ übergehen will.
10 Mio. Wählerinnen und Wähler hat die SPD seit 1998 verloren. In Hamburg konnte die SPD nur noch drei von sechs Wahlkreisen direkt holen. Selbst der SPD-Landesvorsitzende Ingo Egloff musste sich seinem CDU-Gegner geschlagen geben. Nun muss sich die SPD personell und inhaltlich neu aufstellen. Frank-Walter Steinmeier hat eine entschlossene Oppositionsarbeit angekündigt. Mit ihm an der Spitze der Bundestagsfraktion. Franz Müntefering hat sich über seine Person noch nicht geäußert. Am Dienstag wird die Fraktion hier wohl erste Richtungsentscheidungen treffen. Wir dürfen gespannt sein, ob es nicht doch noch zu einer Hausrevolte kommt. Wenn Steinmeier wirklich der Starke Oppositionsführer werden soll, dann müsste er auch Parteivorsitzender werden. Andernfalls wäre eine komplette personelle Neuaufstellung angebrachter.
hälst Du das wirklich für eine gute Idee, FWS als Partei- und Fraktionsvorsitzenden? Ich glaube nicht, daß er das kann.
Ich schließe mich Nico an: Wie soll ein Frank Walter Steinmeier neben Rhetorikkünstlern wie Gysi und Lafontaine in der Opposition bestehen? Dass mindestens letzterer auch ein unangenehmer Hetzer ist, steht außer frage. Mit einem beherzten „So zeigen sie doch Interesse für mein Argument“, wird man aber in solchen Diskusionen keinen Blumenpott holen.
Meines Erachtens sollten wir die Chance für einen völligen Neuanfang nutzen.
Steinmeier kann als Oppositionsführer nur dann erfolgreich sein, wenn nicht ständig Querschüsse aus den eigenen Reihen kommen. Die sind aber leider zu befürchten und einige in der SPD werden wohl erst dann Ruhe geben, wenn auch der Letzte aus der Generation Schröder abgetreten ist. Leider ohne gleichzeitig eine vernünftige personelle Alternative anzubieten.
Für einen völligen Neuanfang sehe ich leider das Personal nicht. Gabriel wäre vielleicht noch jemand, der die Oppositionsrolle mit der ihm eigenen Art ausfüllen könnte.
Entscheidener wäre aber, dass wir mal wieder anfangen, darüber nachzudenken, wo die SPD eigentlich hin will. Gerade in einer gemeinsamen Opposition mit den Grünen und der Linkspartei wird es schwierig, ein eigenes Profil zu entwickeln. Die SPD muss hier ihre Rolle als Volkspartei der progressiven Mitte wieder neu erfinden. Wir dürfen es nicht zulassen, dass “Bürgerlichkeit” ausschließlich rechts der Mitte definiert und besetzt wird.