Markus Zusaks „Die Bücherdiebin“ hätte ich mir wahrscheinlich nie gekauft. Ein Jugendroman über die Nazizeit erinnert mich eigentlich zu sehr an die Schulzeit. Zum Glück hab ich es zum Geburtstag geschenkt bekommen, sonst wäre mir dieses Buch durch die Lappen gegangen. Der Schenkerin möchte ich deshalb hier nochmals ausdrücklich danken!
Die Bücherdiebin ist die kleine Liesel, die von ihrer Mutter zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zu Pflegeeltern nach München gegeben wird. Ihr erstes Buch stiehlt sie bei der Beerdigung ihres kleinen Bruders. Mit dem „Handbuch für Totengräber“ bringt ihr Pflegevater ihr in den folgenden Monaten das Lesen bei. Auf ihrer Reise durch die Wirrungen des Krieges wird sie weitere Bücher stehlen. Das wichtigste Buch wird ihr aber von einer besonderen Person geschenkt. Ihr Pflegevater hat im Ersten Weltkrieg ein Versprechen abgegeben, welches nun eingefordert wird: der jüdische Faustkämpfer Max findet im Keller Unterschlupf und schreibt dort eine Geschichte nur für Liesel. Während ringsum alles langsam im Chaos versinkt, steuert auch die kleine Welt der Liesel Meminger unaufhaltsam der Katastrophe entgegen. Der Leser erfährt dies bereits schnell. Schuld ist der Erzähler. Die Geschichte wird nämlich von keinem geringeren als dem Tod persönlich erzählt. Er hat eine Schwäche für Menschen, die lesen und die Bücher lieben und erweist sich als großartiger Erzähler.
Noch ein Buch über den Krieg und das Dritte Reich dachte ich, als ich das Buch in den Händen hielt. Aber Markus Zusak schafft es, den Leser über den Erzähler schnell in den Bann zu ziehen. Wer wäre besser geeignet über diese dunkle Epoche zu berichten, als der Tod höchstpersönlich? Zusak läßt ihn ohne erhobenen Zeigefinger traurig und schön zu gleich erzählen. Die Charaktere werden facettenreich dargestellt und wachsen im Laufe das Buches über sich hinaus. Nicht nur Liesel, sondern auch ihre Pflegeltern und ihr kleiner Freund Rudi, der ständig darauf versessen ist einen Kuss von Liesel zu ergattern. Er wird ihn erst bekommen, als alles zu spät ist.
Es sind neben den Personen die zahlreichen kleinen Anekdoten, die dieses Buch so liebenswert machen. Ein Schneemann im Keller, die Jesse-Owens-Sache oder die wunderbaren Bilder aus Max‘ Buch für Liesel. Weil man bereits am Anfang erfährt – ohne alles zu erfahren – wie die Geschichte endet, möchte man der kleinen Liesel ständig ins Ohr flüstern „tu es“. Selten hat ein Buch in mir solche Emotionen hervorgerufen. Für mich ist „Die Bücherdiebin“ die Entdeckung des Jahres. Absolute Leseempfehlung!