Es gibt Situationen im Leben, da möchte man nicht in der Haut eines Anderen stecken. Ich erinnere mich noch an das Saisonfinale 2001. Ich saß auf der Tribüne und Barbarez trifft zum 1:0 gegen die Bayern. Schalke führt 5:3 und ist zu dem Zeitpunkt Meister. Das Ende der Geschichte kennen wir.
Anderer Wettbewerb, selbe Sportart. Ich sitze mit Freunden in der Kneipe und schaue mir das Champions League-Finale ’99. Diesmal führen die Bayern und verspielen alles in 2 Minuten.
Gestern dann das TV-Duell. Ich bin zwar voreingenommen, aber wenn selbst die Springer-Presse vom Gleichstand spricht, ahnt man, dass der Sieger Naumann hieß. Bis eben zu jener Szene, die sich in den Kopf einbrennt. Er hatte die besseren Argumente und von Beust blieb viele Antworten schuldig. Trotzdem wird nur über die letzten zwei Minuten berichtet.
Aber das Gute an der Geschichte: Schalke wurde Meister der Herzen und zerrt noch heute vom Sympathiebonus. Selbst den Bayern flog viel Sympathie zu. Naumann hat gestern gezeigt, dass Politiker auch Menschen sind und keine geölten Maschinen.
Ich glaube, kaum einer kann sich die Situation vorstellen. Ein Jahr versucht man, den Gegner zu stellen und jedesmal kurz vorher kneift er. Jetzt kommt die Situation vor der sich der Gegner nicht entziehen kann und man versucht alles richtig zu machen. Dieser Druck muss unvorstellbar sein.
Für mich hat Naumann gestern an Statur gewonnen. Andere wären an dieser Szene zerbrochen. Er hat sich gefangen, er konnte sein Statement zu Ende bringen und hat am Ende das Studio mit aufrechtem Haupt verlassen. Ich wünsche ihm die Sympathien, die er verdient hat.