Betrachtungen zum Online-Wahlkampf

Allgemein

Auf carta.info gibt es einen Bericht über einen Zwischenschau-Workshop von wahl.de in Sachen Online-Wahlkampf bei dem die Online-Wahlkampfverantwortlichen der großen fünf Parteien dabei waren. Der Bericht liefert einen guten Überblick über den Stand der Dinge und zeigt auch die Schwierigkeiten, mit dem die Online-Wahlkämpfer zu ringen haben.
Auch wenn dem Netz inzwischen zugebilligt wird, dass es in hohem Maße Einfluss auf die Meinungsbildung im Wahlkampf hat, bleibt angesichts von 62 Mio. Wahlberechtigten und 22 Mio. Bundesbürgern, die täglich online sind, der Mobilisierungrad der Online-Kampagnen bislang doch eher bescheiden. Laut Zahlen von Nielsen erreichten die Parteiwebsites im Juli folgende Besucher: CDU.de: 235.00, SPD: 231.000, Pirartenpartei: 93.000, FDP: 76.000, Grüne: 57.000 und Die Linke: 45.000. Die Zahlen, die Googles AdPlanner zu Tage fördert, sehen auch nicht viel besser aus.
Natürlich sind die Websites der Parteien nur ein Teilaspekt des Wahlkampfes im Internet. Aber trotz der umfangreichen Aktivitäten in den Social Networks schaffen es die Parteien kaum, mehr als Informationen zu verbreiten. Auf den wenigsten Plattformen findet ein wirklicher Dialog statt und ausserhalb der eigenen Reihen wird kaum jemand in die Kampagne eingebunden oder für den Offline-Wahlkampf aktiviert. Angesichts des Netzsperren-Debakels ist es auch wenig verwunderlich, dass die großen Parteien wenig Glück mit dem Online-Wahlkampf haben und die wirklichen Erfolge online von einer Graswurzel-Bewegung gefeiert werden. Einziges Highlight scheint das halbwegs funktionierende Fundraising zu sein. Echtes Involvement sieht aber anders aus. Es setzt aber auch voraus, dass man auf das hört, was diejenigen wollen, die man in seinen Wahlkampf einbinden möchte.
Trotzdem gibt es einige Erfolge. Ich beobachte eine enorme Aktivität einzelner Bundestagskandidaten. Der Online-Wahlkampf wird maßgeblich von den Kandidaten selbst bestritten. Hierdurch wird sich meiner Meinung nach auch langfristig der Umgang mit Netzthemen in den Parteien verändern.
Leider wird meiner Meinung nach in diesem Online-Wahlkampf aber eine große Chance verschenkt. Ich sehe bei keiner Partei eine wirklich Strategie wie die durch den Online-Wahlkampf entstehende Netzwerkstruktur über den Wahlkampf hinaus an die jeweilige Partei gebunden werden könnte. Die SPD nennt ihre Plattform wahlkampf09.de, die CDU spricht von team2009.de. Die anderen Parteiplattformen suggerieren ähnliches. Auf die Lebenszeit der Plattformen über den Wahlabend hinaus würde ich nicht viel setzen.
Der Online-Wahlkampf kann den Ortsverein derzeit nicht ersetzen. Dies wird (und sollte) auch dauerhaft nicht geschehen. Es fehlt aber eine klare Strategie, wie das Internet eingesetzt werden kann, um das Verhältnis von Parteien und Wahlern grundsätzlich zu verändern. Ich bin überzeugt, dass es hierfür einen großen Bedarf gibt. Von diesem Wahlkampf werden in diese Richtung aber keine neuen Impulse mehr gesetzt und das ist schade.

2 Gedanken zu „Betrachtungen zum Online-Wahlkampf“

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